Rund um die Gedenktage machen sich viele Gedanken um den Tod, um Gräber und Friedhöfe. Teilen Sie diese Gedanken mit Ihren Angehörigen! In meiner langen beruflichen Tätigkeit muss ich leider immer wieder feststellen, dass die Themen rund um Tod, Beerdigung und Grab nicht mit den Angehörigen besprochen wurden. Dies stellt viele Hinterbliebene vor große Probleme. Was war eigentlich der Wunsch des Verstorbenen? Wie wollte er bestattet werden? Man will ihm diesen letzten Wunsch ja auch erfüllen. Sprechen Sie darüber! Sobald wie möglich. Das, was niemand möchte, kann im nächsten Moment schon zu spät sein.
In unserer Kultur gehören Friedhöfe zu einem festen Bestandteil der Trauerkultur. Friedhöfe gelten zugleich als Ruheplätze für die Verstorbenen und als wichtige Orte für Hinterbliebene. Hier treffen sich Menschen, die miteinander sprechen, trauern, sich gegenseitig helfen und Hoffnung schöpfen. Als Spiegel unserer Kulturgeschichte haben Friedhöfe eine große Bedeutung.
Die Grabsteine sind oft Kunstwerke, die nicht nur Namen und Daten der Verstorbenen tragen, sondern auch von deren Leben, ihren Eigenschaften und Verdiensten erzählen. So können Besucher auf dem Friedhof verstorbene Angehörige besuchen, vieles über die Lokalgeschichte erfahren sowie die Ruhe und Natur erleben. Somit haben die meisten Friedhöfe ein vielseitiges Gesicht: Sie sind Ruheplätze für die Verstorbenen, sie sind Orte der Erinnerung und Trauer, aber sie sind auch Orte des Lebens. Dass unsere Friedhöfe heute so sind, wie sie sind, ist fest mit unserer Kulturgeschichte verankert. Und nicht umsonst haben unsere Vorfahren die Friedhöfe so gestaltet, wie wir sie heute meistens vorfinden: Als Orte der Natur, Schönheit und Harmonie, die beruhigend auf den Besucher wirken.
Das sanfte Heilmittel
Jeder spürt es an sich selbst: Gärten sind sanfte Heil- und Entspannungsmittel. Im Garten finden Manager Kraft und Migranten neuen Lebenssinn. Die Begegnung mit dem Grün erleichtert Kindern den Start ins Leben und Menschen mit Demenz die Orientierung. Der Umgang mit Pflanzen hilft psychisch Kranken und macht Trauernden den Schmerz leichter. Warum das so ist, lässt sich nicht mit einem Wort erklären. Genauso vielschichtig wie die Natur selbst sind auch ihre Wirkungen auf den Menschen. Bereits der Anblick von Blütenschönheit und sanftem Grün wirkt beruhigend und heilend. Untersuchungen haben gezeigt: Kranke, die ins Grüne blicken, werden früher gesund, als andere, die auf gebaute Landschaft schauen. Menschen, die an Demenz leiden, werden ruhiger, wenn sie hinaus in den Garten gehen können, wo vertraute. Pflanzen verschüttete Kindheits-Erinnerungen wachrufen. Selbst Gefühle der Trauer werden leichter, beim Blick auf die majestätischen Bäume, Sträucher und Blumen des Friedhofs. Aber der Anblick ist nur die eine Facette des Grüns. Nicht minder wichtig sind Düfte und Aromen, das Rauschen, Wispern und Rascheln des Laubes, seine seidige, filzige oder raue Textur. Sie alle streicheln die Sinne und lassen uns zu uns selbst finden. Der Philosoph und Künstler Hugo Kückelhaus sagt: „Was uns erschöpft, ist die Nichtinanspruchnahme der Möglichkeiten unserer Organe und unserer Sinne, ist ihre Ausschaltung, ihre Unterdrückung. Was aufbaut, ist ihre Entfaltung.“ Im Garten, und sei es auch nur das Grab als der kleinste aller Gärten, dürfen unsere Sinne sich entfalten.
Was das bewirken kann, erläutert eine psychisch erkrankte Frau in der sozialtherapeutischen Gärtnerei Hof Sondern: „Im Garten kann ich meinem eigenen Rhythmus folgen und meine Grenzen kennenlernen“. Sie entwickelt Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen durch die Arbeit mit den Pflanzen. Wie viele gesunde Menschen auch, findet sie Ruhe und Kraft im Rhythmus der Natur. Ungeduld beschleunigt nicht, ist die subtile Botschaft des Gartens. Lebewesen folgen ihren eigenen Gesetzen. Es reicht, wenn man ihnen den richtigen Boden bereitet. Wer das begreift, lernt loszulassen, sich selbst und andere Menschen mit ihren Eigenarten zu akzeptieren. Selbst unabänderliche Dinge, wie der Verlust eines geliebten Menschen, lassen sich aus diesem Wissen heraus leichter ertragen. Rituale und Zeichen, wie das Niederlegen und Pflanzen von Blumen auf dem Grab, geben Gefühlen Ausdruck, die ihr Ziel verloren haben. So findet die eigene Seele Halt. Sie lernt begreifen: Dort auf dem Friedhof ist jetzt der Ort, an dem der Verstorbene weilt. Und dort gibt es auch nach seinem Tod noch etwas, das man für ihn tun kann. Er oder sie sind ganz nah, wenn man seine oder ihre Lieblingsblumen pflanzt, gießt und pflegt. Während die Hände beschäftigt sind, wandern die Gedanken, erinnern sich, halten Zwiesprache mit dem Toten. So klären sich kreisende Gedanken. Kummer, Ängste, Sorgen oder Schuldgefühle nehmen ab. Die grüne und blühende Grabstätte wird zum Ort der inneren Einkehr, an dem wir langsam wieder zu uns selbst finden.
Text: Heidi Mornhinweg und Auszüge aus VFFK-Themenblatt: Gartentherapie